Die mit den lokalen Verhältnissen bestens vertrauten Referenten nahmen an diesem verregneten Samstagmorgen die Gäste mit zu den Kulturlandschaften auf und rund um den „Gofi“, zu ihren Geschichten und ihren Bewohnern.
Dass die Umgebung des Schlosses Lenzburg bereits seit der Keltenzeit genutzt wurde, kann anhand von Grabfunden nachgewiesen werden. Die spezielle Molasselandschaft und Einzelhügel um Lenzburg und Staufen zog aber auch weitere Kulturen an und so entstand in mehreren Etappen unter anderem auch Schloss Lenzburg. Dieses wurde aufgrund der exklusiven sicheren Lage nie eingenommen, sondern immer weitergegeben, verschenkt oder verkauft.
Der unbewaldete Gofi hat einen militärstrategischen Hintergrund: man verschaffte sich vom Schloss aus die Übersicht und Angriffe konnten nicht heimlich stattfinden.
Die Überreste der Parklandschaft auf der Nordseite des Schlosshügels sind neueren Datums und entstanden während der Ära des Amerikaners Augustus E. Jessup. Dieser liess sanitäre Einrichtungen installieren und Gärten erbauen, damit seine Gattin, Lady Mildred Marion Bowes-Lyon, eine Verwandte des Englischen Königshauses, standesgemäss wohnen konnte. Ein weiteres Überbleibsel aus dieser Zeit ist der Lüftungskamin auf der Südseite des Schlosses, der wie eine Minipyramide anmutet. Darunter verläuft aber ein Abwasserkanal, eine wahre Errungenschaft für die damaligen Schlossbewohner.
Die heutigen ständigen Bewohnerinnen des Schlosses sind die Dohlen, die in Höhlen und Öffnungen der Mauern und künstlich errichteten Nistkästen ihre Jungen grossziehen. Sie ziehen ihre Kreise über der Stadt und dem Grüngürtel, wo sie auf Futtersuche anzutreffen sind. Der neue Stadtpark scheint mittlerweile eine ihrer „Weiden“ geworden zu sein. Dohlen sind gesellig und scheuen auch die Menschen nicht. Bei Schlosskonzerten unter freiem Himmel kann es schon mal vorkommen, dass sie beim Musizieren mithelfen.
Erklimmen wir das Himmelsleiterli vom Reservoir auf den Gofi zum Eichenbänkli: Die horizontalen Wege der regelmässig dort weidenden Kühe und die kurzrasige Vegetation vermitteln das Gefühl, auf einer Alpweide zu wandern. Auf diesen Trampelpfaden und entlang der Gehwege entsteht durch spezielles Klima und wenig bis keiner Düngerzufuhr eine magere Vegetation mit ihren ganz eigenen Pflanzengemeinschaften. Die Blüten sind wichtige Nahrungsquellen für Insekten.
Wenn man von hier oben auf die Stadt blickt, stechen immer wieder grüne „Inseln“ ins Auge und die grossen Stadtbäume sind mit ihren grossen Kronen gut zu erkennen. Das Plateau selber ist intensiv bewirtschaftet und die baumlose Fläche lässt den Blick frei schweifen.
Irgendwann bleibt er hängen am Gofischlössli, einstmals wohl als Jagd- oder Lustschlösschen erbaut. Nun ist es umschlossen mit hohen Bäumen.
Die dortigen Platanen wurden anfang 20. Jahrhundert von Gärtnermeister Häusler, dem Urgrossvater unseres Referenten Lukas Häusler gepflanzt. Die beiden Exemplare sind mächtige Zeitzeugen und von weither sichtbar, was sie zu einer wichtigen Landmarke macht.
Die Natur- und Landschaftskommission übergab aus diesem Grund die diesjährige Baumkrone an die Ortsbürgergemeinde Lenzburg für die beiden Exemplare der seit dem 18. Jahrhundert in Mitteleuropa heimischen Bäume.
Die Landschaft verändert sich auf der Südost- und Südseite des Gofi markant. Die Hänge sind noch etwas steiler, was eine konventionelle Bewirtschaftung verunmöglicht. Überreste von alten Rebmauern sind überwuchert mit Brombeeren und anderen Sträuchern. Alte, zum Teil hohle Bäume, Totholz und Hecken prägen diese kleinräumige Agrarlandschaft. Eigentlich ein Paradies für den selten gewordenen Wiedehopf! Mithilfe von Nistkästen und Nisthöhlen in den sanierten und neu erbauten Mauern soll er zum Bleiben verführt werden. Es ist zu hoffen, dass er während der Zugzeit, wo er immer wieder in Lenzburg gesichtet wird, auch mal eine Partnerin findet und mit ihr am Gofi eine Familie gründet.
Dank der mehrheitlich biologischen Bewirtschaftung, der Steilheit und Südexposition dieser Landschaftskammer wachsen hier Magerwiesen-Pflanzengemeinschaften, welche viele Insekten anziehen. Dies ist wiederum eine gute Nahrungsgrundlage für den Wiedehopf, aber auch für den Neuntöter, der dieses Jahr wahrscheinlich hier gebrütet hat.
Im kleinen Steinbruch beim Abstieg können die alten gut verwurzelten Buchen und Eichen bewundert werden. Ihr Wurzelwerk ist imponierend und veranschaulicht ausgezeichnet, dass dieses System in der Regel die Grösse der Krone übertrifft!
In guten Sommernächten lassen sich hier Fledermäuse beim Jagen beobachten und die Gesteinsformation lädt ein, nach Versteinerungen zu suchen.
Entlang der Hecken, die mittlerweile nicht nur aus Sträuchern, sondern auch aus beachtlichen Weissdorn-Bäumchen besteht wandern wir zurück zum Reservoir, wo wir zum Abschluss beim Brunnen einen wunderschönen alten Birnbaum bewundern können.
Es ist zu wünschen, dass der Baumbestand am Schlossberg und am Gofi weiterhin umsichtig gepflegt wird und vielleicht sogar noch eine Erweiterung erfährt, insbesondere am Schloss-Nordhang. Bäume leben nicht ewig, auch wenn sie unter guten Konditionen mehrere Menschengenerationen problemlos überleben. Für Nachwuchs zu sorgen ist nötig und für unsere Nachfahren unter Umständen überlebenswichtig.