Kulturlandschaften, wie wir sie heute kennen, entstanden vor ca. 10‘000 Jahren. Unsere Vorfahren begannen Land urbar zu machen und rodeten dazu die undurchdringlichen dichten Laubwälder Mitteleuropas. Licht- und wärmeliebende Arten, die in den relativ artenarmen Wäldern keine Überlebenschancen gehabt hätten, begannen sich anzusiedeln.
Kleinstrukturen wie Hecken, Einzelbäume und Baumgruppen strukturieren auch heute noch die Kulturlandschaften in Europa. Dort, wo mehr Fläche zur Verfügung steht, stehen auch noch Baumleichen oder Steinhaufen, die Nahrung und Unterschlupf für viele Tierarten bedeuten. Trotz der Erkenntnis um die Werte einer vielfältigen Landschaft ist sie gefährdet durch Produktionssteigerung in der Landwirtschaft und Landverlust durch Ausdehnung der Siedlungsräume und das Bereitstellen von Infrastruktur für die Mobilität.
Der massive Rückgang der Hochstammkulturen ist zu einem kleinen Teil auf den Feuerbrand zurückzuführen und zum grossen Teil auf die eidgenössische Alkoholpolitik der 50er Jahre, wo flächendeckend Hochstammbäume der Säge zum Opfer fielen. Diese Rodungen wurden notabene bezahlt durch Bundesgelder. Die Devise „ weg vom Mostobst – hin zum Tafelobst“ wurde auf diese Weise durchgesetzt und die Hochstämmer durch Niederstammkulturen ersetzt. Erst 1975 wurden die Rodungsaktionen aufgrund des erhöhten Umweltbewusstseins und des Widerstandes der Mostereien eingestellt und im Jahr 1996 wurde die Obst- und Kartoffelverwertung aus der Alkoholverwaltung in die Agrarpolitik verschoben.
Heute versuchen Bund, Kantone und Gemeinden mit Ökoausgleichszahlungen Landwirte in Pflanzprogramme einzubinden. Die Natur- und Landschaftskommission Lenzburg hat zehn Landwirtschaftsbetriebe und Privatpersonen unter einen Bewirtschaftungsvertrag genommen, der ca. 450 Bäume umfasst (alle einheimischen Obst- und seltene Feldbäume wie z.B. die Eiche).
Stadtbäume sind durch das wärmer gewordene Klima, vermehrte Trockenheit und Wurzelraumverlust stark anfällig geworden für Krankheiten und Schädlingsbefall. Neupflanzungen werden von Beginn an mit einem Bewässerungssystem versehen, um zumindest die Trockenheit überbrücken zu können. Exotische Bäume oder Neuzüchtungen könnten aufgrund dieser Einflüsse immer mehr Einzug halten in unseren Siedlungsräumen, da sie sich als resistenter erweisen.
Neupflanzungen im Siedlungsraum oder der Erhalt eines grossen Baumes sind immer verschiedenen Hindernissen ausgesetzt: Grenzabstände, Strassenraum, Schattenwurf, Reklamationen durch die Nachbarn etc. um nur ein paar wenige zu nennen.
Trotzdem ist es wichtig und sinnvoll, alte und exponiert stehende Bäume gesund zu erhalten, da sie klimaausgleichend wirken und als Feinstaubfilter unsere Siedlungsluft reinigen. Die grüne Farbe nimmt im „grauen Alltag“ zudem einen positiven Einfluss auf unsere Psyche. Und sie sind oftmals markante Orientierungspunkte im Siedlungsraum.
Eingriffe in die Natur zugunsten der Natur können gelingen, jedoch kann der geplante Effekt auch nicht eintreffen. Das Beispiel Renaturierung Aabach zeigt auf, dass die einstmals geplante Auenlandschaft weder durch den natürlichen Einfluss noch durch Pflegemassnahmen realisiert werden kann. Die Natur erobert sich die Flächen wieder zurück, da der Bach zuwenig Wasser und zuviel Schwebstoffe mitführt. Trotzdem hat sich die Artenvielfalt in Fauna und Flora gesteigert, was Grund genug ist, sich an der üppigen Landschaft zu erfreuen. Wuchsstarke standorttypische Bäume wie Weide und Erle sind die Erstbesiedler solcher Landschaften(Pionierbaumarten), auch sind sie wichtige Nahrungsspender und Landmarken.
Bäume haben laut einer amerikanischen Studie positiven Einfluss auf den Menschen. Er sei in der Nähe von Bäumen gesünder und glücklicher. Die von der Natur- und Landschaftskommission Lenzburg gespendete Kaiser-Alexander-Birne, die am Schluss der Wanderung im Garten des Eichturmes gepflanzt werden konnte, trägt zwar noch einige Jahre keine Früchte, wird aber mit ihrem Wuchs und Schatten Jung und Alt erfreuen und gesund und glücklich machen.
Tragen wir also als Freiraumnutzer und Konsumenten unseren Teil dazu bei, dass Bäume erhalten, gepflegt und weiterhin gepflanzt werden.
Gerade mit dem Konsum von Hochstammprodukten oder Baumpatenschaften können Hochstammkulturen nachhaltig gefördert werden.
Die Natur- und Landschaftskommission konnte auch dieses Jahr wieder drei Lenzburger Baumkronen überreichen. Ausgezeichnet wurden:
- Die Bewirtschafterin Myrta Dössegger für die Baumreihe von Apfelbäumen im Wildistein.
- Das Stadtbauamt der Stadt Lenzburg für die Pflege und den Erhalt des Schnurbaums an der Brunnmattstrasse.
- Die Justizvollzugsanstalt Lenzburg für die Pflege und den Erhalt der schon betagten Sommerlinde.
Wir bedanken uns herzlich bei der Natur- und Landschaftskommission für die tolle Zusammenarbeit bei der diesjährigen Lenzburger Baumtrilogie.
Ein grosses Dankeschön geht an unsere Referenten! Markus Dietiker, Geschäftsführer der NLK und Beatrix Vonlanthen von Agrofutura verstanden es ausgezeichnet, den Gästen die oben ausgeführten Themen näherzubringen.
Unseren Gästen ein herzliches Dankeschön für ihre Anwesenheit und das Interesse, den regen Austausch unter den Linden beim Baumapéro und unseren vielen Helferinnen und Helfern, welche im Hintergrund dafür sorgten, dass sich alle wohlfühlen konnten.
Mit bäumigen Grüssen
Andres Schmocker und Monica Locher
Co-Projektleitung Lenzburger Baumtrilogie
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